Grabung

Die Ausgrabung und Dokumentation von Bodendenkmalen erfolgt nach festgelegten Regeln, die je nach Befundsituation variiert werden. Zum festen Kanon gehören Prospektion, Vermessung, Herstellung von Planum und Profil sowie die Dokumentation in Zeichnung, Foto und Beschreibung. Die Fundgegenstände sind zu inventarisieren, restaurieren und zu archivieren, Befunde und Funde sind zu publizieren.

Das Archäotechnische Zentrum hat den Anspruch, Besuchern die Möglichkeit zu geben, verschiedensten Methoden der Ausgrabungstechnik nachzugehen. Dabei steht auch die Dokumentation im Fokus der geplanten Aktionen und Workshops. Den verschiedenen Zielgruppen werden allerdings unterschiedliche Aufgabenstellungen zugedacht. Handwerkliches Geschick und Technikanwendung sollen im Vordergrund stehen, der eigentliche Akt des Grabens und Findens wird aber der Höhepunkt der Veranstaltungen sein und als Motivationsgeber wirken.

Planloses Buddeln in präparierten Befunden wird es im Archäotechnischen Zentrum nicht geben! Selbst die jüngste Zielgruppe soll begreifen, dass ergrabene Fundgegenstände einmalige Archivalien sind, weil sie als Kulturgut der Erforschung unserer Vergangenheit dienen. Nichtsdestotrotz können Sandhaufen voller moderner Keramikscherben, tumultuös ergraben, den Spaß an der Archäologie wecken. Die Museumspädagogik ist dann gefragt, den richtigen Umgang mit Fundgut zu vermitteln.

Um das Besucherinteresse an selbst erlebter Ausgrabungstätigkeit befriedigen zu können wird auf einem der Areale im Umkreis der Alten Feuerwehr ein Grabungsgeschehen anhand von künstlich erstellten Befunden mit typischem Inventar und typischer Befundlage nachgestellt. Die unter vorgegebenen Parametern eingerichteten Befunde erlauben eine maximale Kontrolle der Grabungsergebnisse. Hier bietet sich auch die Chance, verschiedene Grabungsmethoden und das geborgene Fundverhältnis gegenüberzustellen: Durchsieben des gesamten Aushubs bringt im besten Fall alle eingebrachten Fundgegenstände ans Tageslicht, einfaches Durchkellen führt mit Sicherheit zum Nichtauffinden von kleineren Gegenständen.

Auf einem derartigen Grabungsareal können verschiedenste Befunde wie Gräben, Gräber und Siedlungsgruben auch mit unterschiedlichem Fundgut gefüllt werden, so dass die Ausgräber nicht nur unterschiedliche Grabungsmethoden erlernen, sondern auch zeitlich differenziertes Fundgut zu unterscheiden lernen. Im Zuge länger laufender Ausgrabungen – beispielsweise in einem einwöchigen Urlaubsseminar – können dann auch die Dokumentationsmethoden wie die Flächen- und Höhenvermessung, die Planums- und Profilzeichnung, die Befundfotografie sowie die Erstellung von 1:100 Plänen erlernt werden. Wollte man dieses Übungsgeschehen weiter vertiefen, könnte man auch Zeichnungen der Fundgegenstände anfertigen lassen, ein Grabungstagebuch führen, Inventarnummern vergeben, die Funde beschriften lassen und eine Publikation erstellen.

Von der Zweistundenveranstaltung bis zum ganztägig laufenden Wochenseminar kann das Archäotechnische Zentrum alle Bereiche einer Grabung simulieren und einüben lassen.

Ziel der Ausgrabung in künstlichen Befunden ist es, den Besuchern eine Grabungsfertigkeit beizubringen, ohne dass wertvolle Befunde oder Funde verlorengehen und den Spaß an der Archäologie im Grabungsgeschehen zu vermitteln.

Partner des Archäotechnischen Zentrums ist das Brandenburger Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum.

Auf eine weitere besondere Art erfolgt im Archäotechnischen Zentrum die touristische Annäherung an das Fach Archäologie. Bislang waren archäologische Ausgrabungen für die Öffentlichkeit praktisch nicht zugänglich und dem Kulturinteressierten eröffnete sich kaum eine Möglichkeit, alle Arbeitsschritte von der Ausgrabung bis zum restaurierten Objekt zu verfolgen. Ihm blieb zumeist nur der Blick auf das Endergebnis aller Ausgrabungsarbeiten, hinter Vitrinenscheiben im Museum. Dies ändert sich durch die Partnerschaft mit dem Brandenburger Landesamt für Denkmalpflege. Als weiteres Aktivitätsfeld stehen dem Archäotechnischen Zentrum nun auch die archäologischen Ausgrabungen des Brandenburger Landesamtes für Denkmalpflege im Tagebau Welzow-Süd offen. Auf einer Führung kann sich jeder informieren, zusehen, fragen, oder einfach nur eine weitere Portion Grabungsatmosphäre einfangen.

Für weitere Aktionen im Bereich Archäologie und Wissenschaft stehen im Archäotechnischen Zentrum Originale und nach Originalen gefertigte Keramikgefäße zur Verfügung. Anhand dieser soll nicht nur die Terminologie der Keramikinventarisierung, sondern auch die Unterscheidung in Bruchstücke verschiedener Gefäße anhand visueller Merkmale erprobt werden. Angestrebt ist die Bearbeitung großer Befundkomplexe bis hin zur Beschriftung und Inventarliste, weitgehend geklebten Einheiten und der Zeichnung relevanter Fundstücke.

In einem speziellen Zeichenkurs sollen vorgeschichtliche und mittelalterzeitliche Keramikgefäße in 1:1 Zeichnungen umgesetzt werden und eine Gefäßbeschreibung entstehen. Schülern der Sekundarstufe II und Erwachsenen wird hiermit ein erster Schritt in die wissenschaftliche Arbeitsweise der Vorgeschichtswissenschaft vor Augen geführt. Die Bearbeitung von Originalmaterial macht hier natürlich den Reiz der Arbeit aus. Die Bereitstellung von Originalgefäßen seitens des Brandenburger Landesamtes für Denkmalpflege ist Voraussetzung, um diese ganz speziellen Kursangebote in die Tat umsetzen zu können.

Die ersten Aktionen des Archäotechnischen Zentrums konnten bereits mit echtem Fundmaterial durchgeführt werden: Das Referat Braunkohle des Brandenburger Landesamtes für Denkmalpflege stellte mehrere größere Komplexe bereit, die aus Zeitmangel mit dem Bagger geborgen werden mussten. Sie wurden mittels LKW zum Archäotechnischen Zentrum transportiert und zwischengelagert. Die Aufgabe von Besuchergruppen ist es nun – unter Anleitung und Aufsicht – in zwei Siebedurchgängen (1 cm und 3 mm Maschenweite der Siebe) den gesamten Aushub durchzusieben und Fundgegenstände wie Keramik, Metall, Holzkohle und pflanzliche Makroreste herauszufiltern. Die Fundgegenstände werden zum Abschluss begutachtet, der interessanteste Fund mit Urkunde belohnt – und die Funde anschließend an das Brandenburger Landesamt für Denkmalpflege – Referat Braunkohle – zur weiteren Bearbeitung übergeben.

Zeitmangel auf der Grabung vor Ort kann auf diese Art und Weise ausgeglichen werden, die Befunde werden weitestgehend dokumentiert und die Fundgegenstände anschließend im Archäotechnischen Zentrum geborgen. Dies führt zu einer ausgesprochenen win-win Situation, die sich insofern für das Archäotechnische Zentrum positiv bemerkbar macht, als immer von dem Original, von echten Funden, die geborgen werden können, gesprochen werden kann: Den Besuchern stehen Originale zur Verfügung, die teils seit Tausenden von Jahren verborgen waren, und vom Besucher nun erstmals ans Tageslicht gebracht werden.

Bemerkenswerterweise ist der Hinweis auf die Relevanz der Fundgegenstände für die Forschung immer in den Mittelpunkt zu stellen, weil die teilnehmende Schülergeneration darauf konditioniert ist, auf Veranstaltungen Geschenke zu erhalten. Diesem Effekt tritt das Archäotechnische Zentrum in seinen Aktionen mit echtem Fundgut energisch entgegen.


Freilichtanlage Klein Görigk im Industriegebiet

Die Grabungen am Zentrum werden durch echte archäologische Befunde in unmittelbarer Nachbarschaft ergänzt.

Im Industriegebiet der Stadt Welzow ist eine Freilichtpräsentation mit original wiederaufgebauten Straßenabschnitten, Feldsteinkellern und einem Brunnen aufgebaut. Hinzu kommt das Hausgerüst einer Feldscheune. Diese ist der erste vollständig erhaltene und damit rekonstruierbare mittelalterliche Pfostenbau der Niederlausitz. Die originalgetreu nach dem archäologischen Befund hierher verbrachten und wieder aufgebauten Originalbefunde aus dem Tagebau Welzow-Süd stehen als letztes Zeugnis des bereits abgebaggerten Dorfes Klein Görigk. Indem sie der Bevölkerung und Besuchern zur Verfügung gestellt wurden, repräsentieren sie im öffentlichen Raum die Hinterlassenschaften aus der Zeit des Landesausbaus im Mittelalter, der in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist.

Nachdem die Niederlausitz mittlerweile ein Zentrum für die Erforschung des hochmittelalterlichen Landesausbaus geworden ist – mittlerweile sind in den Tagebauen Welzow-Süd und Jänschwalde drei Dörfer komplett untersucht (Horno, Kausche, Klein Görigk) – war es nur noch ein kleiner Schritt, um auch Originalbefunde 1:1 wieder aufzubauen. Es ist geplant, auch in Zukunft Zeugen der Niederlausitzer Vergangenheit in diese Freilichtanlage zu integrieren und damit den Bestand an wiederaufgebauten Originalen zu erweitern.

Hochmittelalterlicher Landesausbau

Die Lausitz wurde dem Ottonischen Reich zwischen 932 und 934 n. Chr. gewaltsam einverleibt. Bis 936 wurden die Slawen bis zur Oder und Warthe zinspflichtig und die Christianisierung begann. Der spätslawische Gau der Lusizi mit seinem Hauptsiedelgebiet bei Lübben unterlag im frühen 10. Jh. dem Einfluss des Ottonenreiches. Der Gau der Lusizi reichte von Cottbus bis zum Lausitzer Grenzwall, die Stadt Welzow und das ehemalige Dorf Klein Görigk liegen also ganz am Rande dieses Siedelgebietes. Der große Slawenaufstand 983 n. Chr., bei dem die Städte Havelberg und Brandenburg niedergebrannt wurden, brachte den nördlichen slawischen Stämmen noch einmal Jahre der Freiheit. Im Gebiet des Tagebaus Welzow-Süd haben diese Kämpfe bislang allerdings keinerlei Spuren im Fundspektrum hinterlassen. Es sind hier bislang auch keine Siedlungen aus dieser Zeit bekannt.

Durch Krieg, Erbschaft oder königliche Ämterübertragung gingen Gebiete der Slawen an Familien, die im Grenzland Güter besaßen, etwa die Welfen, Askanier und Wettiner. Militärherrschaft und Christianisierung konnte das Gebiet aber nicht befrieden. Daher riefen diese Familien, wie auch die Fürsten Pommerns, Polens, Schlesiens und Böhmens westliche Einwanderer nach Osten. Die deutsche ländliche Kolonisation des 13 Jh. begann.

Der flächige Landesausbau beanspruchte das ganze 13. Jh. und auch danach wurde immer noch gerodet und neue Siedlungsgebiete erschlossen. Die Urbarmachung des Landes führten von mit Steuer- und Abgabeprivilegien angelockte Bauern aus, die einen ersten Hof errichteten. Das Ziel war der Nachzug weiterer Bauernfamilien, die dann nach Etablierung eines Dorfes zusätzliche Steuereinnahmen lieferten. Viele der Lausitzer Dörfer wurden in dieser Zeit gegründet, viele erhielten sich bis heute und wuchsen zu Städten heran, wie etwa Welzow, andere überlebten die ersten Jahrhunderte nicht und wurden wüst.

Das kleine Lausitzer Dorf Klein Görigk lag nordöstlich von Welzow in unmittelbarer Nachbarschaft westlich von Kausche beidseitig des Petershainer Fließes. Der Name Görigk ist eine sprachliche Ableitung von altsorbisch gorka oder gora: Berg –  Kleiner Berg. Das Dorf lag am südlichen Rande des Lausitzer Grenzwall in leicht hangendem Gelände. Sein nördlicher Teil steigt deutlich an, womit der Name erklärt werden könnte. Die Separationskarte von 1832 zeigt einen länglichen freien Platz im Zentrum, durch den ein Bach floss. Im Süden lagen wenige Höfe Nord-Süd langrechteckig ausgerichtet im flacheren Gelände, gegenüber hangaufwärts sind sie eher rechteckig orientiert.

In den frühen 90er Jahren des 20. Jh. bestanden noch fünf Gehöfte im Dorf, die freigezogen und 1996 abgerissen wurden. Der Tagebau Welzow-Süd rückte näher und hat den Bereich mittlerweile überbaggert. Klein Görigk wurde 1503 erstmalig urkundlich erwähnt, 500 Jahre später war es für immer von der Landkarte verschwunden.

Die archäologischen Ausgrabungen in Klein Görigk

Die Lage des Ortes am Südrand des Lausitzer Landrückens am Fuße der Endmoräne ließ eigentlich eine späte Gründung erwarten. Überraschenderweise zeigte die den Ausgrabungen vorausgehende archäologische Prospektion, dass das Dorf bereits im Zuge des deutschen Landesausbaus im 13. Jh. gegründet worden sein musste. Die Kartierung der Fundgegenstände aus der Prospektion weisen einen markanten spätslawischen Fundniederschlag sowie frühe blaugraue deutsche Ware auf.

Die Ausgrabungen setzten mit der Untersuchung einer Feldriegeltrasse zur Absenkung des Grundwassers ein. Von Mai bis August 2004 wurde auf dieser 30 m breiten Trasse quer durch das ehemalige Dorf ein Achtel der Dorfuntersuchungsfläche freigelegt. 2006 endete die Ausgrabung, nachdem das Dorf komplett untersucht worden war. Insgesamt waren 9 ha Fläche aufgezogen und abgearbeitet worden. Hierbei kamen 6.701 Befunde zum Vorschein, unter anderem auch solche des 2. Weltkrieges.

Das mittelalterzeitliche Dorf stellte sich in der Erstgründung als Einzelhof oder, kurz nacheinander entstanden, als zwei Gehöfte des ausgehenden 12. Jh. und des frühen 13. Jh. dar. Einer der entdeckten Kastenbrunnen konnte dendrochronologisch auf 1199 n. Chr. datiert werden. Die Gefäße aus dem Brunnen besitzen unter anderem Wellenbanddekor, ein typisch spätslawisches Zierelement, aber gleichfalls auch eine Kleeblattmündung, womit eine deutsche Randform gewählt wurde. Dieses Stilgemisch datiert ins 13. Jh. In dieser Zeit wurde der Brunnen genutzt und den Bewohnern des Gehöftes ist ein Teil ihres Hausrates hineingefallen. Interessanterweise sind die Gefäße mit Standboden versehen, so dass zu vermuten ist, dass die Siedler aus dem süddeutschen Raum kamen, wo Standböden üblich waren. Der zweitälteste Kastenbrunnen aus Buchenholz ist auf 1209 n. Chr. datiert.

Unter den insgesamt 30 entdeckten Brunnen sind diejenigen des 12. Jh. und frühen 13. Jh. als Kastenbrunnen in Blockbautechnik aus Spaltbohlen oder Halbstämmen errichtet. Die Erstbesiedlung ist für 1189 n. Chr. gesichert. Datiert wurde anhand von Holzfunden eines Übergangs über die Niederung, der die Dorfkeimzelle an das übergeordnete Wegesystem anschließt.

Die zwei Höfe wurden bei der nachfolgenden Anlage des Dorfes aufgegeben. Es entstanden insgesamt 11 Hofstellen im Dorf. Der Gründungsbrunnen der eigentlichen Dorfanlage (Hofstelle VII) ist mit seiner Waldkante auf 1243 datiert. Interessanterweise unterscheiden sich die jüngeren Brunnen auch in ihrer Bauweise, denn sie sind nun aus einem tragenden Holzrahmen, das Aufgehende aus Feldsteinen gebaut. Auch diese Bauform ist im Süden Deutschlands verbreitet.

Die Hofanlagen beiderseits des Baches in der Niederung sind typischerweise von einem Dorfgraben umgeben. Der Gründungshof von 1189 n. Chr. überbrückte die Niederung mittels eines Weges. Als das reguläre Dorf entstand, erneuerte man den Bohlenweg nicht. Man kam von Westen wie von Osten in der Niederung durch Öffnungen im Graben ins Dorf. Ein regelrechter Weg, der bis ins 19. Jh. als Knüppeldamm bestand und dann gepflastert wurde, erschließt das Dorf von Westen (Richtung übergeordnetes Wegenetz). Der Weg quert die Niederung und erschließt die Höfe III-V und XI-XII. Die Zuwegungen des Mittelalters zu den Hofstellen VI – X konnten nicht nachgewiesen werden.

Neben den für die Datierung wichtigen Brunnen geben vier entdeckte Feldsteinkeller weitere Auskünfte zur Dorfentwicklung. Feldsteinkeller sind eine typische Erscheinung des 14. Jh., sie liegen für gewöhnlich unter größeren Gebäuden, von denen sich aber in Klein Görigk keine Spur erhalten hat.

Bis zum 14. Jh. basierte die Ernährung vorwiegend auf Getreide. Im Spätmittelalter ging man aber vermehrt zur Fleischproduktion über. Dies lag zum einen an einer kleinen Kälteperiode im 13. und 14. Jh., zum anderen an dem rasanten wirtschaftlichen Aufstieg der Städte, in denen eine immer größer werdende zahlungskräftige Bevölkerung Fleisch konsumierte. So werden die Steinkeller als Lagerstätten für noch nicht geräucherte oder gepökelte Fleischprodukte interpretiert, die hier haltbar blieben, bis man sie verkaufen konnte.

Die Wände der Steinkeller aus Klein Görigk sind aus Feldsteinen in Lehm gesetzt, oft 40 cm bis 50 cm breit und stellenweise noch 60 cm hoch erhalten. Die Keller sind 12-15 m2 groß und trapezförmig bis rechteckig gebaut. Einer der erhaltenen Keller weist einen Eingang mit Winkel zur Schmalseite auf. Die anderen Eingänge verlaufen gerade. Keller machen nur Sinn, wenn sie trocken liegen. Dementsprechend liegen drei von ihnen etwa 3 m bis 4 m über der Niederung. Die Keramik, die zwischen den Steinen des Fußbodens oder im Bereich des Holzfußbodens gefunden wurde datiert die Keller ins 14. Jh.n. Chr.

Die im Welzower Industriegebiet wieder aufgebauten Originalbefunde werden durch eine 1:1 Rekonstruktion eines Scheunengebäudes des 14. Jh. ergänzt. Bislang war zwar das Aussehen der Wohnhäuser in den dörflichen Siedlungen zu erschließen (Fundort Diepensee). Wie die ländlichen Speichergebäude des 14. Jh. in der Niederlausitz aussahen, wie groß sie waren, wo sie im Hofareal standen und welche Konstruktionsgrundlagen zur Anwendung kamen, war aber unbekannt.

Der Ausgräber Peter Schöneburg fand im Zuge seiner Untersuchungen im Norden des Dorfes Klein Görigk am Dorfgraben einen dreischiffigen Hausgrundriss als 9 m mal 6,4 m großen Pfostenbau. Drei Pfostenpaare trugen die Dachkonstruktion, die schwachen Pfosten der Wände standen in einem Gräbchen und nahmen nur wenig Dachlast auf. Mächtige Pfosten im Norden und gerundete Ecke im Süden erschlossen sich dem Ausgräber als Anzeichen für einen Vollwalm im Süden und einen Krüppelwalm im Norden. Umgesetzt in die Rekonstruktion heißt das, das Strohdach, Reetdach oder Holzschindeldach war im Süden, Richtung Wohnhaus weit heruntergezogen, die Wand leicht in den Ecken abgerundet. Im Norden, Richtung Ackerflur, wird ein hochgezogenes Dach und Platz für ein Scheunentor rekonstruiert. In den Pfostenlöchern gefundene Scherben datieren ins 13. und 14. Jh. Damit ist dieses Gebäude mit Fug und Recht als das erste im Grundriss vollständig erhaltene, in Pfostenbauweise errichtete Nebengebäude der Niederlausitz aus dem 14. Jh. zu bezeichnen.

Die steinernen Befunde aus Klein Görigk wurden mit Hilfe der Firma STW aus Welzow geborgen und durch zwei extra hierfür eingestellte Mitarbeiter dieser Firma wieder aufgebaut. Die Rekonstruktion des Scheunengebäudes führten die Mitarbeiter des Bauhofes Welzow aus.

Nach dem Mittelalter

Das Dorf Klein Görigk verzeichnet nach Ausweis der archäologischen Befunde im 30 Jährigen Krieg einen deutlichen Besiedlungsrückgang. Am Ende des 17. Jh. werden dann aber neue Brunnen gebaut. Dies deutet daraufhin, dass sich das Dorf in dem Moment erholte, als der 30 Jährige Krieg in Preußen wirklich zuende ging. Erst mit der Schlacht von Fehrbellin 1675 gelang es den Preußen unter Generalfeldmarschall Georg von Derfflinger, einfallende Schweden aus der Mark Brandenburg zu vertreiben. Mit dem stehenden Heer aus Landeskindern im Rücken nahm Preußen seinen Aufschwung. Dass der Ausbau Klein Görigks mit der Erholung und Prosperierung des gesamten Landes ab 1675 in Zusammenhang stehen könnte, darf zumindest vermutet werden.

Geschichte 1945

Klein Görigk blieb ohne Kirche und ohne den typischen Gutshof 250 weitere Jahre lang ein kleines beschauliches Dorf am Rande des Niederlausitzer Grenzwalls. In den letzten Apriltagen des Jahres 1945 wird es zum Kriegsschauplatz. Die Toten der hier stattfindenden Rückzugsgefechte sowie Munition und Kriegsschrott wurden im Zuge der archäologischen Ausgrabungen in Zusammenarbeit mit dem Munitionsbergedienst geborgen.

Zur Verteidigung Berlins waren um Spremberg Soldaten der 10. SS-Panzerdivision Frundsberg (Generalmajor Ernst Harmel), der Führerbegleitdivision  (Generalmajor Otto Remer), und der 344. Infanteriedivision (Generalleutnant Jolasse) mit Volkssturmeinheiten des Leipziger Raumes aufgeboten. Teile von ihnen wurden von der 1. Ukrainischen Front unter Marschall Konjew (13. Armee, 117. russische Gardeschützendivision) eingekesselt. Gegen den Befehl Hitlers brachen Teileinheiten und Zivilisten am 20.04.1945 aus dem Spremberger Kessel Richtung Westen, also Richtung Welzow aus. Am 21.04.1945 wurden die bereits von den sowjetischen Truppen besetzten Dörfer Kausche und Klein Görigk freigekämpft. Die deutschen Soldaten blieben über Nacht und versuchten am 22.04.1945 Richtung Neu Petershain aus dem Kessel auszubrechen, wurden aber nach Klein Görigk zurückgedrängt und zogen weiter Richtung Geisendorf, Neupetershain Nord und Ressen. Auf diesem Weg mussten weite Feldschläge überquert werden, wo es zu hohen Verlusten unter den Soldaten und Zivilisten kam. Die entsprechenden Felder werden von der Bevölkerung als die Todeswiesen bezeichnet, und noch heute sind Gräber von Gefallenen (Soldaten und Zivilisten) in den Dörfern und der Feldflur bekannt.

Von den etwa 1500 Mann, die den Ausbruch als Nachhut gegen die aus Kausche nachrückende Rote Armee decken sollten, konnten 26 gefallene Deutsche sowie drei Soldaten der 117. russischen Gardeschützendivision nach 60 Jahre in Klein Görigk entdeckt, und im Zuge der archäologischen Ausgrabung nach archäologischen Gesichtspunkten untersucht, geborgen und anschließend teilweise identifiziert werden.

Der Ausgräber Peter Schöneburg hat in seinem Aufsatz schriftlich formuliert, dass die Gräber des 2. Weltkrieges einen historischen Wert besitzen und in die Liste schützenswerter Bodendenkmale aufgenommen werden müssten. Ihre Plünderung zuzulassen oder ihre Bergung ohne Detailbetrachtung nimmt nachfolgenden Generationen die Möglichkeit, diesen  Teil der deutschen Geschichte aufzuarbeiten.


Literatur
:

Experimentelle Archäologie in Deutschland – Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland – Oldenburg, zahlreiche Bände

Experimentelle Archäologie in Europa – Oldenburg – zahlreiche Bände

Günter Grass: Beim Häuten der Zwiebel – Göttingen 2006

Horst Kittan: Die Russen kommen – Regia Verlag 2009

Andreas Kottwitz: Spremberg ist Frontstadt – 3. Auflage, Spremberg 1995

Rolf Michaelis: Die 10. SS-Panzer-Division „Frundberg“ – Berlin 2004

Peter Schöneburg: Ein Brunnenriegel mit elf Brunnen, Grabungsbeginn in Klein Görigk am Tagebau Welzow-Süd – Archäologie im Niederlausitzer Braunkohlenrevier 2004, Calau 2005, S. 77-86

Peter Schöneburg: Klein Görigk-gegründet-zerstört-ausgegraben – Archäologie in Berlin und Brandenburg, Stuttgart 2007, S. 92-94

Peter Schöneburg: Erinnerung an ein verschwundenes Dorf. Bergung und Rekonstruktion charakteristischer Bauformen aus Klein Görigk  – Archäologie im Niederlausitzer Braunkohlenrevier 2007, Calau 2008, S. 213-229

Peter Schöneburg: Gefallene Soldaten erhielten ihren Namen zurück. Zeugen des Zweiten Weltkrieges in Klein Görigk – Archäologie im Niederlausitzer Braunkohlenrevier 2007, Calau 2008, S. 255-269

Ines Spazier: Kausche und Klein Görigk im Tagebauvorfeld Welzow-Süd, Archäologie im Niederlausitzer Braunkohlenrevier 1998, Calau 1999, S. 161-172

Wilhelm Tieke: Im Feuersturm letzter Kriegsjahre – Selent 2006

Zwischenlandung im Mittelalter – Archäologie für den Hauptstadtflughafen BBI. Die Ausgrabungen in Diepensee, Wünsdorf 2006